AFDD Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung Brandschutzschalter

AFDD Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung Brandschutzschalter

In der Welt der Elektrotechnik gibt es seit Dezember 2017 einen neuen Superstar. Den AFDD (Arc Fault Detection Device), kurz auch mal AFD (nein nicht Alternative für Deutschland) oder Brandschutzschalter genannt. Im Fachjargon spricht man aber immer über den Fehlerlichtbogen-Schutzschalter. Dieser ist eine wirkliche Bereicherung für die Elektro-Sicherheit in Deutschland! Dank diesem noch sehr teuren Schutzgerät (UVP liegt aktuell (Anfang 2018) bei ca. 170 Euro/St.) ist es möglich gewisse Fehler in der elektrischen Anlage sicher zu erkennen und abzuschalten - was z.B. eine Schmelzsicherung, ein Leitungsschutzschalter, ein Fehlerstromschutzschalter oder eine Fi/LS-Kombi nicht könnte! Der AFDD erkennt dank seiner integrierten Microcontrollertechnik wenn es mal "bruzzelt" und durch Lichtbögen eine Brandgefahr entsteht. Denn es gibt einen ganz bestimmten Anwendungsfall, den die VDE bisher nicht durch die Ihre normierte Sicherheitstechnik abdeckt. Und das ist der folgende Fall.

Wenn der Fehler (z.B. an einer Klemmstelle) auftritt aber, aber durch den Innenwiderstand des angeschossenen Verbrauchers der Fehlerstrom/Kurzschlusstrom begrenzt wird. Wenn ich also ein Netzteil mit einem Innenwiderstand von 80 Ohm an meine mit einem B16A abgesicherten Leitungsschutzschalter anschließe, fließt ein Strom von maximal 2,875A über meinen Stromkreis. Angenommen die Elektronik im Netzteil selbst ist in Ornung, leider ist aber in der Steckdose, an der das Netzteil angeschlossen ist, der Klemmkontakt lose oder z.B. durch andere vorher angeschlossene Verbraucher durch frühere Kurzschlüsse stark beschädigt. Die Übergangsstelle in der Steckdose fängt nun also an zu "bruzzeln" und brennt sich "frei"! Hierbei entsteht ein Lichtbogen, der im schlimmsten Fall zu einer Wärmeausbildung und somit zum Brand führt. In einem solchen Fall löst keine D0, D2, LS oder RCD aus! Die bisher in Deutschland verwendete Sicherheitstechnik versagt! Diese Art von Fehler sind die größte Fehlerursache für Brände und Explosionen bzw. generelle Schäden in der Elektrotechnik! Etwa 400 Menschen sterben jährlich dürch Brände (Quelle: GDV Deutschland, 2015). Etwa 200.000 Brände werden jährlich in Deutschland gemeldet - 32% hiervon durch Elektrizität! Also aber wahnsinnige 175 Brände pro Tag, welche man  durch den verpflichtenden Einsatz in allen Elektronistallationen vermeiden könnte!

Die VDE hat dies m.E. viel zu spät erkannt. Bei den Amis ist dieser AFDD (dort nennt er sich AFCI) schon seit 2006 Pflicht und ersetzt dort sozusagen unsere herkömmliche Schutztechnik. Die VDE Kommision hat sich lange vor dieser Technik gewährt aufgrund der fehleranfälligen Microcontrollertechnik die in diesem Gerät verbaut ist. Daher hat man eine äußerst umfangreiche Schutzbeschaltung incl. Selbsttests in der Produktnorm vorgeschrieben. Aufgrund der genannten Selbsttests ist es z.B.auch nicht wie beim RCD notwendig monatlich die Prüftaste zu drücken!

Typische Ursachen für Fehlerlichtbögen

Normenkunde

Aktuell befinden sich die letzten nationalen Normen noch im Entwurfsstadium. Der AFDD muss erst noch bei den Elektroinstallateuren ankommen! Erst seit dem 01.02.2016 ist der AFDD in der 0100-420 empfohlen und seit dem 18.12.2017 ist er für viele Installationsbereiche Pflicht (mehr dazu nachfolgend).

Die Norm gilt für Neuanlagen und bei Erweiterung oder Änderung von Elektroinstallationen. Solange sich die Betriebs- und/oder Nutzungsbedingungen nicht ändern, wird eine Anpassung bestehender Anlagen nicht verlangt.

Wo ist der AFDD Pflicht und zwingend gemäß VDE 0100-420 einzusetzen?

Er ist in den nachfolgend genannten 1-phasigen Endstromkreisen einzustzen, wennn In =< 16 A (AC):

Gebäudetyp / Ort

Beispiele / Bereiche

Hinweise

Schlaf- und Aufenthaltsräume von Heimen und Tageseinrichtungen
  • Kindertagesstätten
  • Seniorenheime
  • Barrierefreie Wohnungen nach DIN 18040-2
Wenn Hotelzimmer barrierefrei ausgeführt sind, müssen deren Stromkreise mit AFDDs gesichert werden.
Räume / Orte mit erhöhtem Feuerrisiko durch verarbeitete oder gelagerte Materialien
  • Papierfabriken
  • Druckereien
  • Schreinereien
  • Sägewerke
  • Scheunen usw.
-
Räume / Orte aus überwiegend brennbaren Baustoffen
  • Holzhäuser
  • Fertighäuser (in Holzständerbauweise)
Stromkreise in Stein- und Betonkellern müssen nicht mit Brandschutzschaltern ausgestatten werden
Räume / Orte mit unersetzbaren Gütern
  • Museen
  • Galerien
  • Laboratorien
  • Rechenzentren
  • Baudenkmäler (sofern in Denkmallisten geführt)
  • Öffentliche Gebäude z. B. Archive im Katasteramt, Standesamt usw.
Nur die Stromkreise der Räume mit unersetzbaren Gütern und Gütern von hohem Wert müssen mit AFDD gesichert werden
Gebäude / Räume mit Gütern von hohem Wert
  • Bahnhöfe
  • Flughäfen usw.
Nur die Stromkreise der Räume mit unersetzbaren Gütern und Gütern von hohem Wert müssen mit AFDD gesichert werden

Ich möchte ausdrücklich darauf Hinweisen, das es sich nur um Beispiele in Spalte 2 handelt! In der Norm sind nur die Gebäudetypen erwähnt. Sollte es also einen anderen Bereich geben, in dem ähnliche Gefahren auftreten können ist ein AFDD zu verwenden!

Wo wird der AFDD nur empfohlen (es besteht keine Pflicht diese zu verwenden)?

Gebäudetyp / Ort

Beispiele / Bereiche

Räume mit Schlafgelegenheiten
  • Alle Gebäude
Räume / Orte mit Feuer verbreitenden Strukturen
  • Lange Korridore
  • Kamineffekt bei Hochhäusern
  • Anlagentechnische Einrichtungen wie Zwangsbelüftung
Steckdosenkreise von Verbrauchsgeräten mit hoher Anschlussleistung
  • Waschmaschinen
  • Trockner
  • Geschirrspüler usw.

 

Wo muss der AFDD nicht eingesetzt werden?

Man beachte die Formulierung "muss nicht" !!

Gebäudetyp / Ort

Beispiele / Bereiche

Medizinisch genutzte Räume
  • Krankenhäuser
  • Arzt- und Zahnarztpraxen
  • Behandlungszimmer in Senioren- und Pflegeheimen
Nicht unterbrochene Leitungsführungen mit zusätzlichem Schutz vor mechanischer Beschädigung
  • Alle Kabel / Leitungen, die Gebäude / Räume im Anwendungsbereich der Norm durchqueren
Anlagen, bei denen eine Unterbrechung der Stromversorgung größere Gefahren / Schäden verursachen würde
  • Elektrische Anlagen für Sicherheitszwecke, z. B. Sicherheitsbeleuchtung

 

Funktionsweise

Brandschutzschalter überwachen die Sinuswelle von Strom und Spannung. Werden ab einem Stromwert von 2,5 A charakteristische Strom- und Spannungsverläufe detektiert, die einen gewissen Energieinhalt mit Brandrisiko überschreiten und auf einen Fehlerlichtbogen als Folge einer schlechten Kontaktstelle hinweisen, schaltet der Brandschutzschalter den Stromkreis ab. Als Schwellwert für eine Abschaltung wird ein Energiegehalt von 450 Joule zugrundegelegt. Dieser ist in der Lage, ein PVC-Kabel zu entzünden. Jeder Abschaltung geht eine mikroprozessorgestützte Analyse voraus, bei der von der integrierten Software des Brandschutzschalters 120 verschiedene Parameter überwacht und ausgewertet werden.

Wichtig: Leitungsschutzschalter oder Fehlerstromschutzschalter können solche Fehler nicht erkennen! Aber Achtung: Bitte auch anders herum denken: Aufgrund des beschriebenen Funktionsprinzips des AFDD, kann dieser auch nicht die Schutzwirkungen eines Leitungsschutzschalters oder Fehlerstromschutzschalters ersetzen! Bitte nicht vergessen!

Arten von Lichtbögen

Serielle Lichtbögen entstehen, wenn ein defekter Leiter oder eine lose Kontaktstelle in Reihe mit dem Verbraucher im Stromkreis liegt. Überschreitet die Sinuswelle der Wechselspannung aus dem Nulldurchgang kommend den Schwellwert, ab dem sich der Lichtbogen über die Fehlerstelle entzündet, fließt der Strom darüber. Da dieser durch den Widerstand der Last begrenzt ist, erwärmt sich in der Folge die Fehlerstelle. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder Halbwelle der Netzspannung. LS- und FI-Schutzschalter können solche Fehler nicht erkennen und schalten daher auch nicht ab. Brandschutzschalter hingegen detektieren diesen Verlauf der Sinuswellen von Strom und Spannung und schalten den Stromkreis über das angeschlossene Schutzgerät ab. Die Abschaltzeit ist abhängig von der Höhe des Betriebsstroms.

Parallele Fehlerlichtbögen können zwischen Außenleiter und Neutralleiter sowie zwischen Außenleiter und Schutzleiter auftreten. Der Fehlerlichtbogen entsteht hier also durch einen Überschlag zwischen zwei Leitern. Die Höhe des Fehlerstroms wird dabei nur durch die Impedanzen im Stromkreis und in der Fehlerstelle selbst begrenzt. Je nach Fehlerstromhöhe schaltet auch ein LS-Schalter bei Überschlag zwischen Außenleiter und Neutralleiter ab. Liegt der Fehlerstrom allerdings unterhalb des Auslösestroms des LS-Schalters, schaltet dieser nicht ab. Da Brandschutzschalter wie oben beschrieben bereits charakteristische Strom- und Spannungsverläufe ab einem Stromwert von 2,5 A erkennen, bieten diese jedoch auch bei solch einem Fehlerfall Schutz. Parallele Fehlerlichtbögen zwischen
Außenleiter und Schutzleiter werden neben AFDDs auch von FI-Schutzschaltern erkannt, die damit auch einen zuverlässigen Brandschutz bieten.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Wirkfelder von Schutzgeräten nach Fehlerposition und -art:

Schutzfunktion zwischen

Kurzschluss

Überlast

Differenzstrom

Serieller Lichtbogen

Paralleler Lichtbogen

L - L LS
FI/LS
SLS
  kein Produkt !
L - N   AFDD

LS, FI-LS,
AFDD*

L - PE FI/LS
FI
  FI/LS
FI, AFDD

* Schutzorgan abhängig von der Fehlerstromhöhe

Auslösecharateristik

Auslösecharakteristik als Strom-Zeit-Kennlinie eines AFDD und dazu im Vergleich mit farbigen Flächen Leitungsschutzschalter mit Charakteristik B, C und D

Elektrischer Anschluss

AFDDs werden in der Regel im Sammelschienenverbund im Zählerschrank bzw. in der Hauptverteilung angeschlossen. Zum Verständnis noch das allpolige Schaltbild:

Prüfung von AFDDs

Isolationsprüfung nach DIN EN 61439

Die Prüfspannung wird an den Einspeiseklemmen der NS-Schaltergerätekombination angelegt. Bei Prüfspannungen:

Isolationsprüfung beim E-Check

Ist es aus praktischen Gründen nicht sinnvoll, elektrische Betriebsmittel abzuklemmen, kann die Messgleichspannung für den Stromkreis auf 250 V herabgesetzt werden. Der Isolationswiderstand muss aber mindestens 1MΩ betragen (gemäß DIN VDE 0100-600).

Schleifenimpedanz-Messung

Wird eine Schleifenimpedanz-Messung nach DIN VDE 0100-600 an einem Abgangsstromkreis mit AFDD durchgeführt, darf der hervorgerufene Differenzstrom 300 mA nicht überschreiten.

Selbsttest ersetzt die Funktionsprüfung

Im Gegensatz zum FI-Schalter ist z.B.bei bei Hager Brandschutzschaltern keine Funktionsprüfung nötig. Der integrierte Mikroprozessor führt in regelmäßigen Abständen einen Selbsttest durch – wie in der Produktnorm vorgesehen. Dennoch verfügen die Brandschutzschalter von Hager über eine Test-Taste. Wenn der AFDD nicht innerhalb einer Sekunde nach dem Betätigen der Test-Taste auslöst, ist dieser defekt und muss ausgetauscht werden!

Verlustleistung des AFDDs

Aufgrund der Tatsache, dass AFDDs anders als z.B. Leitungsschutzschalter keine passive Überwachungseinrichtung sind, sondern wegen dem verbauten Microprozessor aktive Überwachungseinrichtungen, verbrauchen diese Schutzgeräte eine gewisse Eigenleistung. In der Regel kann man von ca. 5 Watt sprechen. Dies bedeutet kosten pro Jahr und pro Schutzgerät in Höhe von ca. 11,50 Euro bei einem Strompreis von 25 Cent/kWh.

Was muss der verantwortliche Installateur oder die verantwortliche Elektrofachkraft beachten?

Stand der Technik = Empfehlung

Anerkannte Regeln der Technik = Pflicht

!

§

Der Kunde kann die Installation

einer Schutzeinrichtung

ablehnen

Lehnt der Auftraggeber es ab, muss der

Installateur auf Haftungsausschluss

achten

 

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Michael Koch
Michael Koch

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